Anlass des Bauvorhabens war es die schon stark vom Klimawandel beeinträchtigten Friedhöfe des Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte (EVFBS) im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Anhand einer Potentialanalyse der friedhofseigenen Flächen, der Dachflächen der Nachbarschaft sowie in Bezug auf die Überflutungsgefährdung und Retentionsmöglichkeiten wurden in Handlungsempfehlungen Maßnahmen entwickelt. Eine Maßnahme sollte exemplarisch umgesetzt werden.
Der jährliche Wasserbedarf für Bewässerung der Grünflächen des Ev. Georgen-Parochial-Friedhof von 2177 m³ wurde bisher komplett mit Trinkwasser abgedeckt. Die Dachflächen des Verwalterhauses und einige versiegelten Freiflächen waren an die Kanalisation angeschlossen. Ziel des Projektes war es den Friedhof hinsichtlich des Regenwassers vom Mischwasserkanal abzukoppeln sowie möglichst viel Trinkwasser einzusparen und stattdessen Regenwasser zum Bewässern zu nutzen. Es war gleich zu Anfang klar, dass Regenwasser von benachbarten Dächern gebraucht wird um genügend Regenwasser für Bewässerung sammeln zu können. So entstand eine Verhandlung mit den Eigentümern des benachbarten Bürogebäudes.
Leistungen:
Da wir so viel Regenwasser wie möglich sammeln wollten und zeigen möchten, dass auch mit relativ günstigen und naturnahen Lösungen (im Vergleich zu DIBt-zugelassenen Vorfiltern) eine Reinigung von Niederschlagswasser von Wegeflächen, Parkplatzflächen und einem Betriebshof durchgeführt werden kann, haben wir eine Drainagemulde geplant. Diese filtert das Niederschlagswasser über die biogene Zone einer Mulde und leitet das gereinigte Regenwasser über eine Drainageleitung in die Zisterne.
Das Regenwasser, dass auf den Dachflächen anfällt, wird über einen mechanisch-biologischen Filter in die Zisterne geleitet.
Das auf den unterschiedlichen Auffangflächen abgeleitete Regenwasser wird in einer circa 200m³ großen Zisterne gesammelt, die wettervorhersagebasiert gesteuert wird. Das Regenwasser wird mit einer Vordruckpumpe zu einer Regenwasserzentrale gefördert. Mit zwei Abwasserpumpen wird überschüssiges Regenwasser zur Überlauffläche gefördert. Die Überlauffläche wurde als wechselfeuchte Biotopfläche ausgestaltet. In der Regenwasserzentrale findet die DIN-gerechte Trinkwassernachspeisung statt. Die Steuerung stellt das Betriebswasser für die Friedhofsbewässerung zur Verfügung, so können die Wasserbrunnen des Friedhofs und eine Wassertankstelle für Tankwagen bedient werden. In der Regenwasserzentrale kommen Daten der Wetterdienste und der Wetterstation auf dem Dach der Zentrale zusammen. Die Steuerung erfasst mit Sensoren den Füllstand in der Zisterne, in der Drainagemulde und in der Biotopfläche. In der Biotopfläche und bei den Bäumen werden Bodenfeuchte und Bodenluft gemessen, um Erfahrungen über den minimal erforderlichen Bewässerungseinsatz zu sammeln. Die wechselfeuchte Biotopfläche wird automatisch bewässert, falls diese trocken fällt. Wenn die Bodenfeuchtesensoren der Bäume Trockenheit anzeigen wird eine Warnmeldung ausgegeben, sodass die Bäume mithilfe von Wassertankfahrzeugen gezielt bewässert werden können.
Nach intensiven Verhandlungen und der Erstellung eines Regenwasserbewirtschaftungskonzeptes unter Einbeziehung von Rechtsanwält*innen, welche die vertraglichen und baurechtlichen Fragen der beiden Partner*innen sowie die Finanzierung der Anlage abschließend geklärt haben, konnte mit der Detailplanung begonnen werden.
Die weiteren Verhandlungen über technischen und rechtlichen Aspekte der grundstücksübergreifende Regenwasserbewirtschaftung führten zu einem abschließenden rechtsverbindlichen Vertrag zwischen den beiden Parteien.
KOSTEN UND FINAZIERUNG
Die Finanzierung wurde zum Teil durch ein BEK Förderprogramm und zum anderen Teil durch Gelder der Nachbarschaft (Bürogebäude) zur Verfügung gestellt.
Neben der Reduzierung der Trinkwasserkosten für die Bewässerung des Friedhofes, werden jährlich erhebliche Niederschlagsentgeltkosten bei dem Bürogebäude und dem Friedhof eingespart.
Durch die neuartige wettervorhersagebasierte Steuerung der Zisterne, die Bodenfeuchtesensoren an den Bäumen und die Installation einer Wetterstation ermöglicht die Anlage allerdings nicht nur die Bewässerung des Friedhofes nachhaltiger sicherzustellen, sondern dient auch als Leuchtturmprojekt an dem neue Herangehensweisen und Technik erprobt werden. Auch die Anbindung der Nachbarschaft durch eine grundstücksübergreifende Lösung konnte hier erfolgreich umgesetzt werden.
Das primäre Ziel der Klimafolgeanpassung enthält Werte wie: CO2 Einsparung, Baumschutz, die Förderung des natürlichen Wasserhaushalts und der Artenvielfalt. Diese Werte haben keinen konkreten monetären Gegenwert.
BESONDERHEITEN DES PROJEKTS
- Grundstücksübergreifende Regenwasserbewirtschaftung
- Drainagemulde zum Sammeln von Regenwasser von Hof- und Parkplatzflächen
- wettervorhersagebasierte gesteuerte Zisterne
- Monitoring des Projektes (Abgleich mit Wetterstation vor Ort und Auswertung der Sensordaten und Steuervorgänge der wettervorhersagebasierten gesteuerten Zisterne)
Die Anlage ist Teil des Projektes „Maßnahmen zur Klimaanpassung auf Friedhöfen des EVFBS im Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg“ welches im Rahmen des BEK Förderprogramms entstanden ist.